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Schweiz: Manifest der Romandie für den feministischen Streik / Frauen*streik am 14. Juni 2019

Seit Monaten organisieren sich hunderte von Frauen*, um den Frauen*streik am 14. Juni 2019 vorzubereiten. In vielen grösseren und kleineren Städten entstehen Streikkomitees, treffen sich Frauen* und queere Menschen begeistert, um zu diskutieren, zu basteln, zu planen, andere Menschen zu informieren, zu träumen und zu lachen. Doch warum das alles? Aus welchen Gründen möchten am 14. Juni 2019 so viele Frauen* in der Schweiz streiken, den öffentlichen Raum für sich besetzen oder symbolisch Bettlaken aus dem Fenster hängen? Einen Einblick in die zahlreichen Gründe für den Frauen*streik bietet das Manifest der Westschweizer Streikkomitees zum Frauen*streik. Ausserdem zeigt dieses Manifest auch deutlich, was die wichtigen Elemente des Frauen*streiks sind: (1) Alle Frauen* und queere Menschen können sich beteiligen, (2) die Vielfalt der Themen zählt und keines dominiert ein anderes, (3) es ist eine Bewegung von unten, die basisdemokratisch funktioniert und (4) zeigt das Manifest: der Frauen*streik am 14. Juni ist erst der Anfang einer grossen feministischen Bewegung! (Red.)

von Collectifs romands pour la grève féministe et des femmes*; aus frauenstreik2019.ch

Vom Reden zum Streik

An vielen Orten in der ganzen Welt leben feministische Bewegungen wieder auf: #metoo hat dazu beigetragen, dass Frauen* reden, und dank der sozialen Netzwerke gab es ein weltweites Echo, wie sich unter anderem am überwältigenden Frauen*streik vom 8.März 2018 in Spanien gezeigt hat.

Auch in der Schweiz dauern Sexismus, Ungleichheit und Gewalt gegenüber Frauen* an, trotz politisch korrekter Redeweisen über die Gleichstellung und obwohl die Gleichstellung in der Verfassung seit 1981 festgeschrieben ist.

Wenn Frau will, steht alles still

Im Land des sogenannten Arbeitsfriedens haben die Frauen* schon einmal gestreikt und eine halbe Million Menschen mobilisiert, am 14. Juni 1991, also 10 Jahre nach Inkrafttreten des Verfassungsartikels zur Gleichstellung. An diesem Tag verschränkten die Frauen* die Arme: Der Frauenstreik fand nicht nur an den Arbeitsplätzen statt, sondern auch in den Haushalten, wo Frauen* die Arbeit niederlegten, ihre Besen aus dem Fenster hängten, weder kochten noch die Kinder versorgten.

Der Frauen*streik von 1991 hat alle überrascht. Ein heftiger Wind für die Gleichstellung zog durchs Land: seither gab es einige konkrete Resultate wie das Gleichstellungsgesetz, den Mutterschaftsurlaub, Splitting und Erziehungsgutschriften in der AHV, die sogenannte Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch und Massnahmen gegen häusliche Gewalt.

Heute ist ein neuer Schwung nötig. Am 22. September 2018 demonstrierten 20‘000 Frauen* und solidarische Männer in Bern für Gleichstellung und gegen Diskriminierung – der Beginn einer Mobilisierung, die wir bis zum feministischen Streik, bis zum Frauen*streik am 14. Juni 2019 fortführen wollen.

Die Gleichstellung stagniert: Frauen* mobilisieren sich!

Wir alle sind auf die eine oder andere Art Sexismus, Diskriminierungen, Stereotypen und Gewalt ausgesetzt, am Arbeitsplatz, zuhause und auf der Strasse. Aber wir wissen, dass spezifische Diskriminierungen aufgrund der Hautfarbe, der Klasse, der sexuellen Orientierung oder Identität zusammenkommen können, sodass einige von uns mehrfache Diskriminierung erfahren.

Mit all unseren Unterschieden wehren wir uns gegen jede Instrumentalisierung unserer Kämpfe, insbesondere für rassistische Ziele. Wir fordern das Recht frei zu leben in einer Gesellschaft, welche gleiche Rechte für alle garantiert.

Während den letzten 20 Jahren war der Aufstieg der neoliberalen Politik zu beobachten, mit Angriffen auf den Service Public, Kürzungen von Leistungen, Privatisierung von Bereichen wie der Gesundheitsversorgung, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und der Renten.

Die kapitalistische Ökonomie möchte die Profite auf Kosten der Menschen und des ökologischen Gleichgewichts maximieren. Die Frauen* sind die ersten, die darunter leiden, als prekarisierte Arbeitnehmerinnen, Migrantinnen oder auch als Mütter, die in vielen Fällen allein für Haushalt und Kinder verantwortlich sind.

Wie die Isländerinnen sagen: „Ändern wir nicht die Frauen, ändern wir die Gesellschaft!“ Denn Gleichstellung kann nicht in einer Welt umgesetzt werden, in der nur das Geld zählt, sondern sie setzt eine Gesellschaft voraus, in der Respekt und das Wohlbefinden eines jeden menschlichen Wesens zählen.

Am 14. Juni 2019 streiken wir an unseren Arbeitsplätzen, in den Haushalten, und wir besetzen den öffentlichen Raum!


Warum streiken wir?

Wir haben genug von Lohnungleichheit und Diskriminierung in der Arbeitswelt.

Aufgrund der Ungleichheiten sind wir stärker von Prekarität, Arbeitslosigkeit und Armut betroffen. In prekären und schlecht bezahlten Bereichen sind wir in der Mehrheit, aber bei verantwortungsvollen Stellen in der Minderheit. Sogenannte Frauenberufe werden abgewertet, weil die geforderten Kompetenzen nicht anerkannt werden. Wir wollen gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, sowie die Einführung von Lohnkontrollen und Sanktionen im Gleichstellungsgesetz.

Wir wollen Renten, welche ein Leben in Würde ermöglichen.

Die Sozialversicherungen werden den Lebensläufen von Frauen* nicht gerecht und entsprechen nicht unseren Bedürfnissen. Sie ignorieren die besonderen Gefahren und Anforderungen der sogenannten Frauenberufe. Arbeitslosigkeit, Prekarität und Armut haben oft ein weibliches Gesicht, besonders im Alter. Wir lehnen eine Erhöhung des Frauenrentenalters ab, solange wir während unseres ganzen Berufslebens Diskriminierungen erfahren. Wir wollen Sozialversicherungen, insbesondere eine Altersvorsorge, die unsere Bedürfnisse und Lebensrealität berücksichtigen.

Wir wollen, dass Haus-, Erziehungs- und Betreuungsarbeiten ebenso wie die damit verbundene psychischen Belastungen anerkannt und geteilt werden.

Das Hausarbeitsgen ist nicht Teil unserer DNA, und trotzdem wird die Arbeit überwiegend uns zugeordnet. Die körperliche und geistige Belastung dieser Arbeit wird dabei nicht gesehen. Die Arbeit ist dermassen abgewertet, dass sie unsichtbar ist. Dabei ist sie unentbehrlich für das Funktionieren von Wirtschaft und Gesellschaft. Und sie erlaubt Partnern, Kindern und Angehörigen, sich im Leben zu verwirklichen. Wir wollen, dass die Hausarbeit geteilt und in allen Sozialversicherungen anerkannt wird, insbesondere bei den Renten.

Wir wollen eine Reduktion der Arbeitszeit, weil wir bis zur Erschöpfung arbeiten. 

Die Erwerbsarbeitszeit ist am Modell eines Vollzeit-arbeitenden Mannes und einer Hausfrau orientiert. Dieses Modell beruht auf überholten Männlichkeits- und Weiblichkeits-Stereotypen. Im Arbeitsrecht gibt es nur wenige Regelungen zur Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Privatleben. Der Mutterschaftsurlaub wurde erst 2005 eingeführt, nach jahrelangen Kämpfen. Arbeitsüberlastung und Stress schädigen die Gesundheit der Menschen und der Umwelt. Wir fordern eine deutliche Arbeitszeitverkürzung, um aus der Teilzeitfalle herauszukommen. Wir wollen weniger arbeiten, um besser zu leben und Zeit zu haben, familiäre und soziale Verantwortung zu übernehmen und zu teilen. Wir wollen mehr Urlaub während des Berufslebens, insbesondere einen egalitären und verpflichtenden Elternurlaub.

Erziehungs- und Pflegearbeit müssen eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung sein.

Damit Mütter einer Berufsarbeit nachgehen können, muss die Kinderbetreuung ausgebaut werden. Aber das genügt nicht: Es braucht auch mehr Angebote für alte und kranke Menschen. Die aktuelle Politik mit ihren Steuersenkungen, Privatisierungen und Budgetkürzungen zielt allerdings auf Abbau statt auf Ausbau dieser Leistungen. Wir wollen, dass gute öffentliche Dienstleistungen für die Betreuung von alten und / oder hilfsbedürftigen Menschen ausgebaut werden.

Wir fordern Wahlfreiheit in Fragen der Sexualität und der sexuellen Identität.

Allgemein ist die weibliche Sexualität wenig bekannt und negativ besetzt (Frauen* sind Schlampen, Männer Verführer). Eine Erziehung zur Zustimmung ist quasi inexistent. Heterosexualität wird als einzig gültige Norm angesehen und führt zur Zurückweisung jeder anderen Form der Sexualität, namentlich gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen ebenso wie trans*, queer und intersexuellen Menschen (LGBTQI-Phobie), und zur Rechtsungleichheit. Nach wie vor sieht die Medizin Transidentitäten als pathologisch an und führt weiter Genitalverletzungen an intersexuellen Personen aus. Wir wollen, dass Gesetze und Institutionen uns die gleichen Rechte und Pflichten wie heterosexuellen Paaren zugestehen, in Bezug auf Heirat, Adoption oder Erbfolge. Wir wollen angemessenen Zugang zur Gesundheitsversorgung, mit respektvoller Behandlung und ohne Stigmatisierung und Verletzungen.

Unsere Körper gehören uns, wir fordern Respekt und Wahlfreiheit.

Wir wehren uns gegen allgegenwärtige Vorschriften in unserem Leben. Kleider werden uns vorgeschrieben oder verboten. Patriarchale Strukturen diktieren Schlankheits- oder Jugendkult. MedizinerInnen sind im Allgemeinen zu wenig in Fragen der sexuellen Gesundheit, der Reproduktion und der generellen Frauengesundheit ausgebildet, sodass sogar ein Herzinfarkt bei Frauen* oft genug nicht erkannt wird. Mutterschaft oder Kinderlosigkeit, Alleinleben oder Partnerschaften sind gesellschaftlich normiert. Wir wollen freie Wahl in der Reproduktion, das Recht auf kostenlosen Schwangerschaftsabbruch, kostenlose Verhütungsmittel und die freie Wahl der Verhütungsform und Hygieneprodukte, wie auch freien Zugang zu Behandlungen im Zusammenhang mit einer selbstbestimmten Geschlechtsumwandlung.

Wir wehren uns gegen sexistische, homophobe und transphobe Gewalt.

In der Schweiz sterben monatlich zwei Frauen unter den Schlägen ihres (Ex)-Partners. Zwei von fünf Frauen erfahren in der Partnerschaft im Laufe ihres Lebens physische und / oder sexuelle Gewalt. Die sexistischen, misogynen oder gegen LGBTIQ-Personen gerichteten Angriffe im öffentlichen Raum sind alarmierend. Frauenmorde sind eine Realität, weil gewöhnliche Gewalttaten in allen Bereichen der Gesellschaft heruntergespielt werden. Belästigungen bei der Arbeit, an Ausbildungsstätten, auf der Strasse oder in den sozialen Netzwerken betreffen uns alle. Wir müssen diese Gewalt nicht hinnehmen! Wir fordern eine nationale Kampagne gegen sexistische Gewalt, welche die Istanbul-Konvention umsetzt und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt, um die Sicherheit von uns und unseren Kindern zu gewährleisten. Wir wehren uns gegen die Isolierung, in welche die Gewalt uns einschliesst, und organisieren uns solidarisch, um uns zu verteidigen und zu unterstützen.

Die Scham ist vorbei.

Wir akzeptieren nicht länger, dass Urheber von sexistischer Gewalt straflos davonkommen. Wir fordern Präventionsprogramme in den Schulen und die Ausbildung der involvierten Personengruppen: medizinisches Personal, Polizei, Sozialarbeiter*innen, Rechtsanwält*innen, Richter*innen. Alle Frauen*, welche Opfer von Gewalt wurden, müssen angehört, respektiert, geschützt und unterstützt werden. Belästigungen in allen Formen und an allen Orten, einschliesslich Bildungsinstitutionen, müssen politisch bekämpft und nicht nur moralisch verurteilt werden.

Als Migrant*innen sind wir mehrfach diskriminiert.

Wir verlassen unsere Heimatländer, weil eine globalisierte Wirtschaft unsere Länder in Armut gebracht hat, weil Kriege herrschen oder weil wir Gewalt erfahren. Hierzulande sind unsere Diplome und Ausbildungen nicht anerkannt. So sind wir oft auf Haushaltsarbeiten und Pflegeberufe beschränkt. Wir kümmern uns um Kinder, um alte Menschen, um Haushalte – unsichtbare Arbeiten, nicht anerkannt und nicht wertgeschätzt. In manchen Fällen stehen wir 24 Stunden am Tag zur Verfügung, manchmal ohne legalen Aufenthaltsstatus. Durch unsere Arbeit ermöglichen wir es anderen Frauen*, arbeiten zu gehen, Karriere zu machen. Wir wollen einen echten Zugang zum Rechtssystem, ohne die Angst, ausgewiesen zu werden. Wir fordern, dass unser Status regularisiert wird, dass unsere Diplome anerkannt werden, und wir fordern eine Gesetzgebung, welche uns gegen die vielfachen Diskriminierungsformen schützt, die wir als Frauen*, als Migrant*innen und als Arbeiter*innen erfahren.

Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht. Wir fordern ein Bleiberecht, wenn unser Leben in Gefahr ist.

Geschlechtsbezogene Gewalt – im Herkunftsland, im Laufe der Migration oder im Ankunftsland – wird vom Asylrecht nicht berücksichtigt. Die Gewalterfahrungen sind oft unaussprechlich, und wenn sie ausgesprochen werden, werden sie nicht gehört. Unser Aufenthaltsrecht hängt von dem unseres Ehemannes ab – eine nicht akzeptable Logik. Wir fordern das Recht auf Schutz in dem Land, wo wir Asyl beantragen, unabhängig von unserem Familienstand, unserer Hautfarbe, unserer Nationalität, unserer sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder unserer religiösen Überzeugung.

Die Schule ist ein Ausdruck der patriarchalischen Gesellschaft, sie verstärkt die Geschlechtertrennung und Hierarchien auf der Grundlage des Geschlechts.

Schul- und Berufslaufbahnen von Kindern und Jugendlichen sind geprägt von den Werten, Normen, Regeln, Modellen der Erziehungsinstitutionen, von den Praktiken, Unterstützungsformen, pädagogischen Hilfsmitteln, Inhalten, Lehrbüchern, den Interaktionen und schliesslich von der Institution selbst. Wir wollen eine Schule, die ein Ort der Emanzipation und der Förderung der Gleichstellung ist, mit einer inklusiven Sprache, kritischen Lehrpersonen, verschiedenen Frauen*- und Familienmodellen und einem Geist der Kooperation und Solidarität. In diesem Sinne wollen wir, dass Lehrpersonen und Erzieher*innen im Bereich der Schule und der vorschulischen und schulergänzenden Betreuung entsprechend ausgebildet sind.

Wir wollen eine Sexualerziehung, in der von unseren Körpern, unserer Lust und von sexueller Diversität die Rede ist.

Prävention im Bereich der sexuellen Gesundheit ist wichtig, insbesondere in Bezug auf Gewalt, ungewollte Schwangerschaften und sexuell übertragbare Krankheiten. Aber man muss auch über Emotionen und Sexualität reden, über den Körper, die Gefühle, die Lust und insbesondere die weibliche Lust. Daher wollen wir, dass die Unterrichtseinheiten von spezialisierten Personen gegeben werden und dass deutlich mehr Lektionen dafür vorgesehen werden. Wir fordern eine Sexualerziehung zur Diversität, mit zeitgemässen Lehrmitteln, welche die sexuellen Orientierungen und Identitäten angemessen berücksichtigen.

Beziehungsräume müssen Orte des Austauschs und des gegenseitigen Respekts werden.

Es braucht Alltagsräume, wo sich neue Formen von gewaltfreien sozialen Beziehungen, von Selbstverwaltung und gemeinsamem Teilen anstelle der autoritären und standardisierten Praktiken der patriarchalischen kapitalistischen Gesellschaft ausprobieren lassen. Wir wollen eine Gesellschaft, wo die produktive Arbeit den gemeinsamen Interessen der Menschen und nicht dem kapitalistischen Profit dient, wo soziale Gleichheit, das ökologische Gleichgewicht und Ernährungssouveränität unveräusserliche Werte sind.

Die Institutionen sind nach einem patriarchalischen und klassenbezogenen Modell konzipiert, in dem wir nur als Anhängsel auftreten.

Im öffentlichen Raum und der Politik addieren sich Diskriminierungen nach Klasse, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung, sexueller Identität oder Behinderung. Es muss für politische Entscheidungsprozesse Raum geschaffen werden in unseren Alltagsbereichen – wie Quartiervereinen oder Schulen. Genau an diesen Orten muss es Verhandlungsräume geben, im Dialog mit den Hauptbetroffenen. So können wir in der Politik besser vertreten sein, auch in den politischen Institutionen, namentlich den Parlamenten.

Als Kulturschaffende sind wir oft wenig beachtet und anerkannt.

Künstlerisches und kulturelles Schaffen werden, insbesondere wenn sie das Ergebnis unserer Arbeit sind, häufig als Zeitvertreib und nicht als echter Beruf angesehen, welcher Sichtbarkeit und einen angemessenen Lohn verdient. Im Laufe der Geschichte bis heute wurden wir meistens unsichtbar gemacht, die Titel und Ehrungen als „grosse Künstler“ blieben den Männern vorbehalten. Wir wehren uns gegen jede Form der geschlechtsbezogenen Diskriminierung, die uns den Zugang zu prestigeträchtigen und besser bezahlten Entscheidungspositionen verwehrt (Programmierung, Produktion, künstlerische Leitung…). Wir fordern, dass kulturelle Institutionen und Medien bei Stellenbesetzungen, Mandaten, Preisvergaben und Löhnen ihre Praxis ändern. Wir fordern, dass über geschlechtsbezogene Diskriminierungen in Kulturinstitutionen wie auch in den öffentlichen Einrichtungen und Ausbildungsstätten breit und offen informiert wird.

Wir leben in einer Gesellschaft, die stereotype Bilder über „die Frau“ verbreitet.

In Medien, Filmen, Kulturproduktionen, Büchern, Erziehung und von Kindheit an sind wir gezwungen, uns mit starren Frauenbildern zu identifizieren (weiss, heterosexuell, cis, sexy, mütterlich, gefühlvoll, etc.), wobei diese Bilder zugleich stigmatisierend sind. Unsere Körper werden permanent mit sexistischen Konnotationen an öffentlichen Orten ausgestellt (Werbeplakate, Vorführungen, Filme). Die allgemeine Verbreitung dieser Stereotypen trägt bei zur Vergewaltigungskultur und unterstützt die Banalisierung der geschlechtsbezogenen Gewalt. Wir haben ein Recht auf vielfältige und positive wertschätzende Darstellungen. Wir fordern, dass geschlechtsbezogene Gewalt als das dargestellt wird, was sie ist: eine Tatsache der Gesellschaft, die sich im privaten und im öffentlichen Raum abspielt und die Mehrheit von uns betrifft.

Wir sind solidarisch mit den Frauen der ganzen Welt.

Überall sind wir Opfer von spezifischer Gewalt. Vergewaltigung wird breit als Kriegswaffe eingesetzt. In den Flüchtlingslagern, auch in Europa, sind wir sexueller Gewalt ausgesetzt. Abtreibung ist immer noch in zahlreichen Ländern verboten. Es gibt zahlreiche Opfer von „Ehrenverbrechen“, und meistens bleiben diese Verbrechen straflos. In Fabriken, die oft Multis gehören, gibt es unmenschliche Arbeitsbedingungen: Die Arbeiterinnen setzen für miserable Löhne ihre Gesundheit und manchmal ihr Leben aufs Spiel. Wir unterstützen mit allen Mitteln einen besseren Schutz von Frauen* und sind Teil der Frauen*kämpfe in der ganzen Welt.

Wir wollen in einer solidarischen Gesellschaft ohne Rassismus, Sexismus, Homophobie und Transphobie leben.

Diese Kategorien dienen dazu, uns zu spalten und unsere Rechte zu begrenzen. Ob wir hier oder anderswo geboren sind: wir werden auf der einfachen Basis unserer Hautfarbe, der Struktur unserer Haare, unseres Familiennamens, unserer Geschlechtsidentität, unserer sexuellen Orientierung diskriminiert. Wir prangern den strukturellen Rassismus in allen gesellschaftlichen Bereichen an, der sich direkt auf uns auswirkt, in der Schule, bei der Arbeit, auf der Strasse. Wir fordern, dass konkrete Massnahmen gegen spezifische Unterdrückungsformen ergriffen werden und dass genaue Daten zu den Auswirkungen von Rassismus, Sexismus und Homophobie in der Schweiz erhoben werden. Wir wollen, dass Unterschiede anerkannt und dass die Gleichstellung für alle garantiert wird.

Aus all diesen und weiteren Gründen werden wir am 14. Juni 2019 streiken!

* Alle ausser Cis-Männer (Cis-geschlechtlicher Mann: Ein Mann, der sich in dem sozialen Geschlecht wiedererkennt, das ihm bei der Geburt zugewiesen worden ist).

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5 Kommentare

  1. Nina Huber

    Wow!! Danke euch fūr diese Worte, beim durchlesen konnte ich meine Trānen nicht verstecken. Lachend ūber mich selbst habe ich ihnen freien lauf gelassen. Sehr befreiend..uffff!!
    Ich bin froh nicht allein zu sein. ;D

  2. Pingback:LabourNet Germany Frauenstreik 2019: Einfach machen (in Deutschland und der Schweiz sowie Spanien) » LabourNet Germany

  3. Frauen-Café

    Hallo
    Bitte macht auch Werbung für den 8. März in Winterthur (nicht nur Basel)! Die Demo wird vom 8.März-Frauen*bündnis Zürich mitorganisiert, da gehört doch auch die BFS-Frauen* dazu. Merci aus Winterthur

  4. Pingback:Schweiz: Manifest des Zürcher Frauenstreikkollektivs ‹ BFS: Sozialismus neu denken – Kapitalismus überwinden!

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