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Corona-Virus: Die Gesundheitskrise ist auch eine Krise der Agrarindustrie

Die Entstehung und Ausbreitung des Coronavirus ist auch die Folge einer umweltzerstörerischen Agrarindustrie. Nur wenn wir unsere Nahrungsmittelproduktion radikal umgestalten, lässt sich die Entstehung neuer Krankheitserreger an ihren Wurzeln bekämpfen. (Red.)

von Marijke Colle; aus gaucheanticapitaliste.org

Das Coronavirus löst weltweit Panik aus. Es handelt sich um ein Virus, das mit SARS (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom) und MERS (Atemwegssyndrom des Nahen Ostens) in Verbindung steht. Es hat sich sehr schnell vom Epizentrum des Markes in Huan auf alle chinesischen Provinzen und schliesslich auf den ganzen Globus ausgebreitet.

Das H1N1-Virus verursachte während der Pandemie von 2009 weltweit 579.000 Todesfälle. Dieses Virus überquerte den Pazifik in 9 Tagen. Der Luftverkehr ist die Hauptursache für die schnelle Verbreitung. Sei der SARS-Epidemie 2002 hat sich dieser in China mehr als verzehnfacht.

Neue Krankheiten

Seit diesem Jahrhundert sind wir mit einer ganzen Reihe neuer Viren konfrontiert worden: das Ebola-Virus (in mehr als 80% der Fälle tödlich); die Vogelgrippe- und Schweinepestviren, die Hühner- und Schweinefarmen befallen; die neuen Varianten der Coronaviren. Nichts oder fast nichts wurde getan, denn nach jeder Infektion überwog die Erleichterung, das Schlimmste vermieden zu haben, und es wurden keine Präventivmassnahmen für das nächste Mal getroffen!

Strukturelle Ursachen

Abholzung und intensive Landwirtschaft können die Entstehung eines Virus im Wald beschleunigen, während die traditionelle Landwirtschaft, die das natürliche Ökosystem aufrechterhält, die Ausbreitung des Virus verlangsamen kann. Der Kongo hat die längste Epidemie des Ebola-Virus erlebt, obwohl es einen Impfstoff und antivirale Mittel gab. Dies ist der Preis, den die Menschen für jahrelange öffentliche Sparmassnahmen und mangelnde Investitionen im Gesundheitssektor sowie mangelhafte Ausbildung und Präventivmassnahmen zahlen.

Die Fischbestände an der Westküste Afrikas sind durch die Ausweitung der industriellen Fischerei zusammengebrochen, sodass die Menschen auf der Suche nach alternativen Eiweißquellen sind. Fleisch von wilden Waldtieren ist zu einer wichtigen Quelle geworden. Darüber hinaus zerstört die Ausweitung der Plantagen und die damit verbundene Zerstörung von Wäldern die Ökosysteme, und Tiere wie Fledermäuse (Träger von Viren) stehen nun in direktem Kontakt mit dem Menschen.

Wir brauchen ein Programm gegen Epidemien, das lokale Gsundheitszentren organisiert und auf Solidarität beruht. Wir müssen kostenlose Impfstoffe und antivirale Mittel für alle fordern sowie eine gute medizinische Infrastruktur und volle Transparenz über die Infektionszahlen.

Wildtiere werden auf dem Weltmarkt immer beliebter: Vom Strauß bis zum Krokodil, von der Flughündin bis den Hörner von pflanzenfressenden Tieren. Auf einem taiwanesischen Markt wurde sogar eine neue Haiart entdeckt.

Mehrere Kleinbauern sind zu Lieferanten für die Lebensmittelindustrie geworden. Ein Landwirt, der am Waldrand lebt und von der Hühnerzucht in der Umgebung lebt, kann so unwissentlich ein neues Virus verbreiten. In der Agrarindustrie wird diesen Landwirten oft Nachlässigkeit vorgeworfen, aber in Wirklichkeit sind die internationalen Produktionsstrukturen dafür verantwortlich.

Sowohl das SARS-Virus als auch das aktuelle Covid-19 sind auf Märkten aufgetaucht, auf denen Fleisch von Wildtieren zum Verkauf angeboten wurde. Aber es gibt auch andere Fälle. Das MERS-Virus hat seinen Ursprung in der halbindustriellen Kamelzucht in Jordanien, und die Vogelgrippe dezimierte 2013 die Hühnerzucht in Mexiko.

Neue Krankheiten und gesellschaftliche Naturverhältnisse

Einige Forscher schlagen einen absurden Weg vor: Die Genetik von Hühnern und anderen Nutztieren wie Schweinen sollte manipuliert werden, um sie gegen die Viren resistent zu machen!

Diese “Frankenstein”-Hühner werden teurer sein. Zudem sind sie keineswegs die Wunderlösung, weil Viren leicht mutieren können. Es ist also ein Projekt, das niemals die utopischen Hoffnungen erfüllen wird. Der einzige Zweck solcher Projekte ist die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Verhältnisse.

In unserer globalisierten neoliberalen Welt werden der Gesundheitssektor und seine Techniker eingesetzt, um den Schaden zu begrenzen, ohne jedoch die grundlegenden Ursachen für das erneute Auftreten neuer Krankheitserreger anzugehen.

Auch China ist nicht unschuldig. Der SARS-Ausbruch im Jahr 2003 wurde geheim gehalten, das Virus konnte sich im ganzen Land ausbreiten und breitete sich dann bis nach Kanada aus. China zahlt den Preis für seine industrielle Landwirtschaft und intensive Viehzucht. Doch nicht nur in China, sondern auch in Europa und den Vereinigten Staaten haben sich neue Viren wie H5N2 und H5Nx verbreitet. Ausbrüche von Ebola und Zika wurden anfangs auch in diesen Weltregionen kleingeredet.

Wir müssen das Verhältnis zwischen Ökologie und Ökonomie, zwischen Natur und Mensch, zwischen Stadt und Land ändern, um das Schlimmste zu vermeiden.

Wir müssen eine neue Landwirtschaft entwickeln, in der die Selbstbestimmung der indigenen Völker, die Autonomie der Landwirte im Zentrum steht. Wir brauchen Strategien für die Entwicklung und den Wiederaufbau der Ökosysteme, sprich agrarökologische Anbaumethoden. Diese können die Entstehung neuer Krankheitserreger verhindern und eine Vielfalt von Nutztieren und Pflanzenarten schützen.

Es ist unerlässlich, die lokale Produktion und den lokalen Verbrauch zu fördern und jedes System der intensiven Viehzucht und des chemischen Pflanzenanbaus abzuschaffen. Nur ein Agroforstwirtschaftssystem wird uns sowohl gesunde Lebensmittel verschaffen, uns gegen die Gefahren neuer Viren schützen und uns gleichzeitig im Kampf gegen die globale Erwärmung helfen.

Übersetzung und leichte Überarbeitung durch die Redaktion

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