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Am Rande vermerkt: Der Streik an den Unis in der UK – ein Erfahrungsbericht

Letzten Freitag, 16. März 2018, ist der insgesamt 14 Tage andauernde Streik an 60 Universitäten in der UK zu Ende gegangen. Die 14 Tage waren über 4 Wochen verteilt – in der ersten Woche wurde an zwei Tagen gestreikt, in der zweiten an drei Tagen und so weiter. Bereits nach wenigen Tagen haben sich die Universitäten zu Verhandlungen mit der Gewerkschaft der Universitätsangestellten (UCU) bereit erklärt, Optimismus machte sich breit. Schliesslich wurde vergangenen Montag eine erste Einigung erzielt und sogleich in die Vernehmlassung geschickt: Die von den Universitätsangestellten zu entrichtenden Pensionskassenbeiträge sollten zwar erhöht werden, jedoch weniger stark. Zudem sollten alle aufgrund des Streiks versäumten Lektionen nachgeholt werden, jedoch unbezahlt. Der Aufschrei auf Twitter liess nicht lange auf sich warten und der Hashtag #NoCapitulation zählte bereits am nächsten Morgen zu den Global Trends auf Twitter. Demnach war auch niemand verwundert als diese sogenannte «Einigung» von allen Gewerkschaftszweigen einstimmig abgelehnt wurde. Nun verdichten sich die Anzeichen, dass es zu einem erneuten Streik während der Prüfungsphase im Mai und Juni kommen wird.
Ein Streik an einer Bildungsinstitution ist nicht mit dem Streik in einer Fabrik zu vergleichen, selbst dann nicht, wenn er an einer Uni in der UK erfolgt, wo die Ökonomisierung der höheren Bildung bereits enorm weit fortgeschritten ist. Die Universität mag die Student*innen als reguläre Ware behandeln, die sie Fliessband-ähnlich zu produzieren meint – Bachelorstudent*in rein, 20 Wochen Vorlesungen, drei Monate für eine Masterarbeit, fertige*r Akademiker*in raus, zack, so einfach ist es – glücklicherweise aber weigern sich die meisten Dozent*innen noch sich diese Haltung anzueignen. Sie sind hoch engagiert, investieren viel und kümmern sich um die Student*innen. Und den meisten Student*innen ist das bewusst, auch wenn während des Streiks seitens der Universitäten wiederholt versucht wurde, einen Keil zwischen die Streikenden und die sich solidarisierenden Studierenden zu treiben. Immer wieder wurde von der Universitätsleitung betont, dass sie nur das Beste für die Studierenden im Sinne hätte, und hoffe diesen Disput so rasch als möglich beenden zu können. Zum Beispiel hat sich die Präsidentin der Universität Manchester folgendermassen über Streikbrecher*innen geäussert:
«I understand what a difficult choice staff are facing as they do not want to disadvantage our students but also feel strongly about the proposed changes to their pension. I acknowledge the many who are taking the decision to continue to work in the interests of their students.»
Die Solidarität der Student*innen mit den Streikenden blieb bislang ungebrochen, obwohl diese es einer*m auch nicht gerade einfach machten. Bereits seit dem ersten Streiktag galt die Devise: «Bereitet euch stets so vor, als gäbe es keinen Streik, denn er könnte jeden Moment zu Ende sein». Es ist zwar äusserst nobel, dass die Dozent*innen den Schaden für die Student*innen möglichst klein halten wollten, jedoch beraubten sie sich selbst ihrem grössten Druckmittel. Anstatt dass die Student*innen bei Demonstrationen, Streikblockaden oder Teach-Ins Präsenz markieren konnten, sassen wir in Bibliotheken, um Präsentationen vorzubereiten, die wir mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht halten würden, aber vielleicht eben doch. Darüber hinaus wurde seitens der Streikenden nicht mit den Student*innen kommuniziert, wer sich informieren wollte, musste dies über Twitter tun. Damit, dass die Streikenden die Student*innen in keiner Weise involvierten, haben sie gar zum «Student*innen-sind-Konsumenten» Diskurs beigetragen: Sie unterstrichen so, dass wir nicht wirklich Teil der Universität sind, sondern nur temporäre Besucher*innen.
Die Universitätsangestellten haben es leider verpasst, dem durch die fortschreitende Ökonomisierung der höheren Bildung entfachten «Student*innen-sind-Konsumenten»-Diskurs entgegenzutreten, obwohl sie diesen immer wieder anprangern. Nichtsdestotrotz bin ich immer noch voll und ganz solidarisch!
von Fabian Arendt aus Manchester
[Am Rande vermerkt] ist eine Serie von Kurzartikeln. Wir wollen damit tagesaktuelles Geschehen kommentieren, einordnen, auf Veränderungen aufmerksam machen. Eine konsequente linke, antikapitalistische Politik zeichnet sich unseres Erachtens nicht nur dadurch aus, die grossen Analysen abzuliefern. Vielmehr gehört es für uns dazu, auch kleinere, unscheinbare Entwicklungen, skandalöse Aussagen und Auffälliges einordnen zu können.
Die kurze Form, der eher flüchtige Charakter und die zeitliche Nähe, die allesamt diese Artikelserie ausmachen, führen dazu, dass die hier geäusserten Einschätzungen vorübergehend sein können und nicht zwangsläufig mit den Ansichten unserer Organisation übereinstimmen müssen. Die Autor*innen und die verwendeten Quellen sind deshalb jeweils gekennzeichnet. Textvorschläge sind jederzeit herzlich willkommen.

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