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Am Rande vermerkt: Globale soziale Ungleichheit auf Rekordniveau

Passend zum Beginn des World Economic Forum (WEF) hat OXFAM, ein internationaler Verbund von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, am Montag, 22. Januar 2018, ihren jährlichen Bericht zur globalen sozialen Ungleichheit präsentiert. Überraschendes findet sich darin nicht. Das Ausmass sozialer Ungleichheit befindet sich als Folge der neoliberalen Umverteilungsprozesse von unten nach oben seit Jahrzehnten in explosionsartigem Wachstum. Die absurden Ausmasse der Ungleichheit sind trotzdem jedes Jahr wieder von neuem zutiefst beelendend. So besitzt das reichste Prozent der Weltbevölkerung, dessen Repräsentanten sich ab Dienstag, 23. Januar 2018 in Davos vernetzten, mehr Reichtum als die übrigen 99% der Menschheit zusammen. Die 42 reichsten davon besitzen gleich viel wie 3,7 Milliarden Menschen, die Hälfte der Weltbevölkerung. Der Amazon Boss Jeff Bezos etwa, inzwischen der Reichste Mann der Welt, hat in den ersten 10 Tagen von 2017 sechs Milliarden US-Dollar „verdient“. 2017 hat sich das Vermögen der Milliardäre um 726 Milliarden gesteigert, sieben Mal mehr als nötig wäre, extreme Armut weltweit zu beenden. 82% des von der arbeitenden Bevölkerung weltweit generierten Wohlstands ging im letzten Jahr direkt in die Taschen der reichsten 1%, während die Hälfte der Menschheit davon überhaupt nichts zu sehen bekam. WTF?
Nun treffen sich also am WEF in Davos genau jene Superreichen, die den Rest der Welt ausbluten lassen, mit den mächtigsten Politiker*innen der Welt, die das widerliche System des globalen Kapitalismus verwalten, welches die krasse Ungleichheit überhaupt ermöglicht. (Die vereinzelten naiven Weltverbesserer und Hollywoodstars mit „white saviour complex“, die sie dazu noch einladen, lassen wir mal aussen vor). Dass sie die Frechheit haben rumzuposaunen, sie würden sich dabei für eine bessere Welt einsetzen, macht uns richtig wütend. Da sitzen also die Repräsentanten der grössten multinationalen Konzerne, die für Umweltverschmutzung hauptverantwortlich sind, und erzählen uns, sie würden gemeinsame Lösungen gegen den Klimawandel erarbeiten, während die Abschlussrede des WEF voraussichtlich von Klimawandelleugner Trump gehalten werden wird. Oder sie diskutieren über die Perspektiven des Friedens in Syrien, ohne dass auch nur eine syrische oder kurdische Person anwesend ist, dafür der CEO von Cresent Petroleum, der grössten privaten Ölfirma im Nahen und Mittleren Osten. Oder sie berieseln uns mit hohlen Phrasen über Frauenrechte und Gleichberechtigung, während 9/10 von den Milliardären, die sie repräsentieren, Männer sind und viele der anwesenden Politiker (nicht nur Trump) überall auf der Welt üble Angriffe auf Frauenrechte lancieren.
Was am WEF wirklich geschieht, ist die Koordination der globalen Einflussnahme der multinationalen Grosskonzerne auf die Politik, die zur Erosion der Sozialstaaten und des öffentlichen Eigentums, Privatisierungen, Abbau von Arbeiter*innenrechte und Maximierung der Profitraten führt. Damit wird die globale soziale Ungleichheit auch nächstes Jahr wieder ein neues Rekordniveau erreichen. Das WEF ist Klassenkampf von oben. Unsere Antwort darauf kann nicht aus Appellen an die sogenannten „global leaders“ bestehen, sondern liegt im Aufbau des Widerstands von unten und der internationalen Solidarisierung und Vernetzung zwischen den Kämpfen der Lohnabhängigen.
Smash WEF! Alle auf die Strasse zur «Trump not welcome»-Demo in Zürich!
von Michael Tulpe
[Am Rande vermerkt] ist eine Serie von Kurzartikeln. Wir wollen damit tagesaktuelles Geschehen kommentieren, einordnen, auf Veränderungen aufmerksam machen. Eine konsequente linke, antikapitalistische Politik zeichnet sich unseres Erachtens nicht nur dadurch aus, die grossen Analysen abzuliefern. Vielmehr gehört es für uns dazu, auch kleinere, unscheinbare Entwicklungen, skandalöse Aussagen und Auffälliges einordnen zu können.
Die kurze Form, der eher flüchtige Charakter und die zeitliche Nähe, die allesamt diese Artikelserie ausmachen, führen dazu, dass die hier geäusserten Einschätzungen vorübergehend sein können und nicht zwangsläufig mit den Ansichten unserer Organisation übereinstimmen müssen. Die Autor*innen und die verwendeten Quellen sind deshalb jeweils gekennzeichnet. Textvorschläge sind jederzeit herzlich willkommen.

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