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Am Rande vermerkt: „Sie sah aus wie eine Nutte!“

Dies hörte ich einen Mann in meinem Umkreis über eine Frau sagen – ich war geschockt!
Kurzer Rock, hochhackige Schuhe, weiter Ausschnitt und schon werden Frauen* abschätzend, erniedrigend, abwertend wahrgenommen. Wenn Frauen* aufreizend und selbstbewusst auftreten, fühlen sich manche Männer* und manche Frauen* angegriffen und provoziert. Warum? Ist es die eigene Unsicherheit oder die Unzufriedenheit über den eigenen Körper, die Eifersucht auslösen?
„Das schickt sich nicht für eine Frau*“
Fakt ist, dass mit dieser Aussage patriarchale Machtstrukturen auf das Härteste zum Ausdruck kommen. Ein solches Auftreten entspricht nicht der Norm. Frauen* sollten anständig sein, schüchtern und bescheiden, unterwürfig, aber auch attraktiv, sexy, gepflegt (rasiert!), mit langen seidenen Haaren und hübschem Kleid, welches eine schmale Taille verbürgt, aber nicht zu lüstern, sonst wirkt sie billig, sonst wirkt sie leicht zu haben (oder leicht zu nehmen!). Dies sind spezifische Aussehens- und Verhaltenskodexe, denen Frauen* in unserer Gesellschaft unterworfen sind. Sie sind wesentlicher Bestandteil der patriarchalen Machtstrukturen und reproduzieren die Unterdrückung der Frauen.
Patriarchale Machtstrukturen durchziehen unsere Gesellschaft
Neben Normen für ein bestimmtes weibliches Aussehen und Verhalten ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil patriarchaler Machtstrukturen die Normierung der sexuellen Orientierung. Heteronormativität wird genauso normiert wie sexuelle Praktiken. In einer solchen machistischen Sichtweise werden Frauen darauf reduziert, Jagdobjekte männlicher Begierde zu sein. Trophäen, deren Wert steigt, je aufwändiger die Jagd und je „attraktiver“ die Beute ist. Dabei werden Frauen* nicht nur auf ihr Äusseres reduziert, sondern sollen vom Wesen her fügsam, unterwürfig und genügsam sein. Ein nettes Accessoire, mit dem der Wert des Mannes* steigt! Die patriarchale Macht des Mannes* ist in Gefahr, treffen sie auf eine selbstbewusste Frau, die sich nicht diesen Normen beugt.
Entspricht eine Frau* nicht dieser Norm, wird sie mit abwertenden Beleidigungen beschimpft: „Sie sieht aus wie eine Nutte!“ „So eine Kampflesbe muss nur mal richtig durchgenommen werden!“, „Eine linke Zecke, die sind alle hässlich!“, „So ein Flittchen, die geht mit jedem ins Bett“. Derartige verbale Äusserungen stellen psychische Gewalt dar, die, wie auch physische Übergriffe, die Frauen* normieren und sie in ihre ihr zugewiesene Rolle zwängen sollen. Dies sind Praktiken, mit denen bestehende patriarchale Machtverhältnisse produziert und reproduziert werden.
Es reicht!
Wir Frauen* haben das Recht auf Selbstbestimmung unseres Körpers, unseres Verhaltens, unserer sexuellen Orientierung und unseren Praktiken! Stellen wir uns lautstark gegen diese patriarchalen Machtstrukturen und sagen Nein! Überall auf der Welt gehen Frauen* und Männer* auf die Strasse, um gegen die sexistischen Aussagen (die nicht nur von Trump kommen!), um gegen die diskriminierende Reproduktionspolitik, für ein selbstbestimmtes Abtreibungsrecht mit ausreichend Gesundheitsinfrastruktur und gegen die Gewalt der Märkte zu protestieren. Wir auch! Kommt alle dieses Wochenende zum Anderen Davos!
Feministisch, solidarisch und kämpferisch gegen den Kapitalismus!
von Kia Riossa
[Am Rande vermerkt] ist eine Serie von Kurzartikeln. Wir wollen damit tagesaktuelles Geschehen kommentieren, einordnen, auf Veränderungen aufmerksam machen. Eine konsequente linke, antikapitalistische Politik zeichnet sich unseres Erachtens nicht nur dadurch aus, die grossen Analysen abzuliefern. Vielmehr gehört es für uns dazu, auch kleinere, unscheinbare Entwicklungen, skandalöse Aussagen und Auffälliges einordnen zu können.
Die kurze Form, der eher flüchtige Charakter und die zeitliche Nähe, die allesamt diese Artikelserie ausmachen, führen dazu, dass die hier geäusserten Einschätzungen vorübergehend sein können und nicht zwangsläufig mit den Ansichten unserer Organisation übereinstimmen müssen. Die Autor*innen und die verwendeten Quellen sind deshalb jeweils gekennzeichnet. Textvorschläge sind jederzeit herzlich willkommen.

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