Klimastreik und Ökosozialismus
Seit einigen Monaten wird in der Schweiz für den Klimastreik mobilisiert, wodurch es die Jugendbewegung erfolgreich schafft, nebst zehntausenden Schüler*innen auch vermehrt Studierende und Erwachsene fürs Klima auf die Strasse zu bringen. Die willentliche Untätigkeit von Wirtschaft und Politik, der bleibende Eindruck des vergangenen heissen Sommers und der inspirierende Schulstreik der schwedischen Schülerin Greta Thunberg lösten weltweit Frustration, Alarmiertheit und Tatendrang unter den Schüler*innen aus und führten zur grössten Jugendbewegung seit Jahren.
Der Klimastreik ist dabei erstaunlich hartnäckig. Obwohl bei solchen sozialen Bewegungen immer die Gefahr mitschwingt, dass die Bewegung, noch bevor sie ihre Forderungen erfüllt sieht und ihre Ziele erreicht hat, an langwierigen bürokratischen Prozessen scheitert und schliesslich verpufft, ist dies bislang nicht geschehen. Damit sich die Bewegung auch in Zukunft nicht totläuft, muss sie konstanten Druck auf die Politik und die Verursacher*innen der klimaschädlichen Emissionen aufbauen und sie muss dringend notwendige inhaltliche Diskussionen darüber führen, welche gesellschaftlichen Veränderungen zur Abwendung der Klimakatastrophe notwendig sind.
Gleichzeitig lässt das Ausmass der drohenden Klimakatastrophe viele Menschen immer noch ratlos zurück. Denn zwischen den eigentlich erforderlichen Massnahmen und der tatsächlichen Politik tut sich eine riesige Kluft auf. Im Rahmen des Klimastreiks wird derzeit in verschiedenen Chats und Foren diskutiert, wie denn die Klimakrise eingedämmt werden kann. Insbesondere die Frage, ob ein „System Change“ notwendig ist, um die Klimakatastrophe noch abzuwenden, treibt viele junge Menschen an. Wir sind der Meinung – und die Indizien sind überwältigend – dass die drohende Katastrophe und die Unfähigkeit von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft darauf zu reagieren, unmittelbar mit der kapitalistischen Produktionsweise zusammenhängt.
Der Kapitalismus und seine Wachstumslogik führen konstant dazu, dass nicht im Sinne von Mensch und Natur, sondern im Sinne des grösstmöglichen Gewinns für einige wenige Menschen produziert wird. Wir müssen also die Art und Weise wie wir leben, produzieren und konsumieren als Ganzes in Frage stellen. Das Konzept des Ökosozialismus bietet dafür spannende Ansatzpunkte. Ausserdem weisen beispielsweise feministische Aktivist*innen immer wieder darauf hin, dass feministische und ökologische Kämpfe sehr viel miteinander zu tun haben und zusammen gedacht werden müssen.
Beträchtliche Teile des Klimastreiks sehen ihre Aufgabe darin, die Politik endlich zu „Vernunft“ zu bringen und die Politik zum „richtigen“ Handeln zu zwingen. Dadurch beschränkt sich die Bewegung oftmals darauf, Forderungen an Politiker*innen zu stellen und diese aufzufordern, etwas zu unternehmen. Zusätzlich kursieren eine Vielzahl von Aufrufen, mit kleinen Schrittchen bei sich selbst anzufangen und den eigenen ökologischen Fussabdruck zu verringern. Weniger Fliegen, vegan leben, das Velo nehmen: All diese Forderungen sind gut und richtig, nur reichen sie nirgends hin, wenn wir der Klimakatastrophe noch ernsthaft etwas entgegen setzen wollen.
Dazu ist eigentlich ein radikales Aktionsprogramm dringend nötig. Wie ein solches aussehen könnte, ist zwar Gegenstand von aktuellen Auseinandersetzungen, spannende Entwürfe existieren aber bereits.
Wir leben in einer absurden Zeit. Einerseits sind die katastrophalen Folgen des durch den Kapitalismus verursachten Klimawandels schon in allen Weltregionen sichtbar und verschlimmern die Lebenssituation von Millionen, überwiegend in armen Ländern lebenden Menschen. Auch zeichnet sich klar ab, dass der Verbrauch fossiler Energieträger, die Umweltverschmutzung und die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen in den kommenden Jahrzehnten stark zunehmen werden.
Dennoch führt diese Entwicklung nicht dazu, dass sich die Mehrheit der Menschen des Irrglaubens an die Möglichkeit eines nachhaltigen Kapitalismus entledigt oder sich gar für eine alternative Gesellschaftsordnung einsetzt. Ein Grund dafür sind die nach wie vor intakten Vorstellungen eines bald einmal fossilfreien und innovativen “Ökokapitalismus”, der die Klimakatastrophe durch technologische Neuerungen abfedern soll, ohne dabei an seiner eigenen Logik zu rütteln. Wir haben uns zu verschiedenen besonders eindrücklichen Beispielen dieses widersprüchlichen Verhältnisses zwischen Kapitalismus und Ökologie und wie es anders auch sein könnte Gedanken gemacht.
Die aktuell so präsente Klimabewegung fokussiert ihre Aufmerksamkeit – berechtigterweise – auf die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels und fordert, dass alles getan wird, um die weitere Anreicherung der Atmosphäre mit CO2 zu verhindern. Dabei geht oftmals etwas unter, dass die drohende Klimakatastrophe nur eine von mehreren drohenden ökologischen Katastrophen ist.
Mehrere Berichte haben in den letzten Jahren auf einen dramatischen Rückgang des globalen Insektenbestandes sowie einer rapiden Abnahme der Wildtierbestände hingewiesen. Beide Phänomene sind natürlich eng mit dem Klimawandel verbunden, doch zeigen sie noch einmal in aller Deutlichkeit: Die aktuelle Produktionsweise löst noch viel mehr Elend und Zerstörung aus, als nur den bedenklichen Anstieg der CO2-Konzentration.
Aktiv werden!
Unsere Antwort auf die drohende Klimakatastrophe muss kollektiv, radikal und bestimmt sein. Das funktioniert nur, wenn wir uns zusammenschliessen und gemeinsam versuchen, eine politische Perspektive zu formulieren. Wenn du Interesse hast, dich über den Klimastreik hinaus in einem Kollektiv politisch zu engagieren, dann melde dich jederzeit bei uns.
Für Basel: basel@sozialismus.ch
Für Zürich: info@bfs-zh.ch