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Schweiz: Der Rechtsentwicklung entgegentreten!

Egal ob es die SVP in der Schweiz, die Alternative für Deutschland (AfD) in Deutschland, oder der Front National (FN) in Frankreich ist: Um den rechten Hetzern Paroli zu bieten, braucht es kein Verständnis für ihre verachtenden Aussagen. Wir sollten auch nicht der Lüge auf den Leim gehen, wonach rechte Parteien nur „die Sorgen der einfachen Leute ernst nehmen“ würden. Was wir hingegen brauchen sind klare linke Positionen und solidarische Kämpfe aller Personen, welche von der rechten Politik betroffen sind. Anstatt sich von der Rechten die Themen vorgeben zu lassen oder gar in vorauseilendem Gehorsam ihre Positionen zu übernehmen, wie es zurzeit die SP in Bezug auf die Einschränkungspolitik von Geflüchteten macht oder auf die Altersvorsorge2020, müssen wir die Rechte und Forderungen der Lohnabhängigen und der besonders angegriffenen Bevölkerungsteile (Frauen, Migrant*innen, Arbeitslose, IV-Bezüger*innen und so weiter) ins Zentrum unserer Politik stellen. Unsere Politik muss daher immer antirassistisch, feministisch und antikapitalistisch sein.
Von BFS Zürich

Unser Feminismus ist nicht sexy, sondern zeigt den rechten Hetzern den Mittelfinger!

Wenn es ein Thema gibt, über das sich die Rechtskonservativen dieser Welt besonders gern auslassen, dann ist dies wohl die Stellung der Frauen in der Gesellschaft. Was Frauen angeblich können und was nicht, wie sie mit ihrem Körper umzugehen haben, wie sie sich anzuziehen haben und nicht zuletzt wie viele Kinder „angemessen“ seien.
Erdogan in der Türkei empfiehlt mindestens drei Kinder pro anatolischer Frau; Trump glaubt, man dürfe Frauen ohne Weiteres zwischen die Beine greifen; und SVP-Nationalrat Andreas Glarner meint über die Körper von politischen Gegnerinnen urteilen zu müssen.
Dabei sind dies nur die offensichtlichsten Auswirkungen eines Frauenbildes, das der Frau in allen Bereichen weniger zugesteht: Weniger Durchhaltevermögen, weniger Intelligenz, weniger Lohn, weniger Rechte, weniger Autonomie. Dass Frauen weiterhin zu viel grösseren Teilen prekär beschäftigt sind, weniger verdienen für die gleiche Arbeit, bei Scheidungen in Armut abrutschen und systematisch Gewalterfahrungen machen (insbesondere sexualisierte Gewalt), droht in Anbetracht der schlimmsten Ausfälle der rechten Hetzer*innen schlicht in Vergessenheit zu geraten.
Die Frauenbewegung als vehementeste Antwort auf die rechte Hetze
Doch so oft sich in den letzten Monaten auch die Wut über gewisse Äusserungen aufstaute, so oft gab es auch Mut machende, bekräftigende Momente. Denn die Frauenbewegung gibt zurzeit womöglich die vehementeste Antwort auf die rechte Hetze. Nicht nur in den USA, wo bei der Wahl Trumps hunderttausenden Feministinnen der Kragen geplatzt ist, auch in vielen anderen Ländern gab es in den letzten Monaten grosse Proteste und Kampagnen, Demonstrationen und sogar Streiks. Gegen sexualisierte Gewalt, gegen restriktive Abtreibungsgesetze, gegen schlechtere Bezahlung für dieselbe Arbeit: Von Spanien, über Irland, Italien, Polen bis in die Schweiz – von „es reicht!“ bis „nicht eine mehr!“.
Unter den 20’000 Teilnehmer*innen des Women’s March in Zürich am 18. März 2017 waren die ständigen Anfeindungen der Trumps, Le Pens und Köppels dieser Welt besonders präsent. Doch Diskriminierung und Ungerechtigkeit liegt noch viel tiefer. Wir müssen nicht nur im Ausgang oder in der Beziehung, sondern auch am Arbeitsplatz, in der Schule, an der Universität und an vielen anderen Orten feministisch aktiv werden! Wir müssen endlich das fordern, was schon lange gelten sollte: Gleiche Rechte für alle Menschen!

Unser Antirassismus kennt weder Grenzen noch Aufenthaltsgenehmigungen!

Gleiche Rechte für alle Menschen zu wollen, scheint zurzeit nicht gerade in Mode. Marine Le Pen (FN) und Frauke Petry (AfD) fordern beide – ganz im Sinne der SVP – einen Inländervorrang. Und Liberale und „Fortschrittliche“ aller Art zeigen sich zwar angesichts des geplanten Mauerausbaus zwischen den USA und Mexiko schockiert. Wenn aber an den EU-Aussengrenze jeden Tag Menschen ertrinken und die Balkanroute mit Zäunen und Stacheldraht dichtgemacht wird – kurz: wenn Europa genau dieselbe Politik umsetzt – scheint alles in Ordnung zu sein.
Auch sonst hält sich der Widerstand in Grenzen. Es fehlt der Druck, dass sich am rassistischen Migrationsregime der Schweiz endlich etwas ändern muss. Es wird dabei munter eingeschränkt, gekürzt und gestrichen, wenn es um diejenigen Menschen geht, die bereits hier sind. Für die liberale Operation Libero sind die, die kommen, in erster Linie Arbeitskräfte und sollen sich auch so verhalten. Die Sozialdemokratie beteiligt sich eifrigst an der Verwaltung des Elends. Im Kanton Zürich ist SP-Regierungsrat Mario Fehr dafür verantwortlich, dass Menschen eingegrenzt in Bunkern leben müssen und dass abgeschoben wird, so oft es nur geht.
Die scheinbar einfache Antwort auf gesellschaftliche Probleme
Man könnte jetzt einwenden, dass dies schon lange so passiert und die Beteiligung der SP an der Exekutive nun ja mittlerweile auch schon einige Jahrzehnte währt. Und doch ist seit der Weltwirtschaftskrise 2007/2008 eine deutliche Verschärfung der Rhetorik und des allgemeinen politischen Klimas gegenüber Migrant*innen zu erkennen. Europaweit und auch in den USA übertreffen sich rechtspopulistische Kräfte gegenseitig mit immer fremdenfeindlicheren Parolen. In Ungarn und Polen sind diese Kräfte bereits an der Macht. In Deutschland, Frankreich und Grossbritannien haben sie erschreckenden Zulauf. Sie geben scheinbar einfache Antworten auf gesellschaftliche Probleme und auf die konstanten Angriffe auf unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen. Die Argumentation ist dieselbe, egal ob in den USA, in der Schweiz oder in Frankreich: Die Herkunft müsse wieder entscheidend sein, dann gehe es den Menschen wieder besser. America First, Inländervorrang, priorité nationale. Die wirtschaftliche Krise soll so mit einer Spaltung der Gesellschaft gelöst werden. Eine Spaltung in solche mit angeblich „natürlichem“ Anrecht und solche, die zu spät dazugestossen sind. Dabei ist das Ausschlusskriterium durchaus wandelbar. Vor einigen Jahrzehnten waren es in der Schweiz Italiener*innen, dann Menschen aus ex-Jugoslawien und heute insbesondere Personen aus Nordafrika oder dem Nahen Osten.
Gemeinsam mit Betroffenen Perspektiven entwickeln
Dass die Hetze unter anderem dazu dient, vor den wahren Problemen abzulenken und die wirklich Verantwortlichen unbehelligt zu lassen, zeigen die Debatten um Minarett- und Burkaverbote. Hier werden gesellschaftlich irrelevante Phänomene hochstilisiert und zu Grundsatzfragen eines kulturellen Aufeinandertreffens gemacht. Wir müssen uns mit aller Kraft gegen diese islamfeindlichen Kampagnen wehren. Und wenn uns bürgerliche Feminist*innen weismachen wollen, dass die Kopftücher frauenunterdrückend seien und deshalb verboten gehören, dann müssen wir umso mehr denjenigen Menschen zuhören, die es genau wissen müssen: Diejenigen die Kopftücher tragen, oder eben nicht, und die diese Entscheidung individuell getroffen haben.
Gleiches gilt für viele weitere Fragen. Anstatt uns wie die SP an der Verwaltung des Elends in Flüchtlingsunterkünften und Asylzentren zu beteiligen, müssen wir gemeinsam mit Migrant*innen Perspektiven und Forderungen entwickeln und unabhängig von ihren Aufenthaltsgenehmigungen oder ihren Stimmrechtsausweisen für unsere gemeinsamen Rechte und unsere Würde einstehen.

Unser Anspruch ist es wieder einzufordern, was uns zusteht. Die Krümel des gesellschaftlichen Reichtums genügen uns nicht!

In den letzten Jahren sind die Attacken auf Sozialversicherungen, wie die AHV oder die IV, auf die wirtschaftliche Sozialhilfe und auf den Service Public heftiger geworden. In verschiedenen Kantonen laufen zurzeit umfangreiche Sparprogramme, welche die öffentlichen Ausgaben drastisch beschneiden. Die politische Rechte treibt die Politik der Austerität voran und fordert einen „schlanken Staat“. Zugleich werden – analog zu den Angriffen im Migrationsbereich – die Angriffe auf sozial schwache Menschen verschärft. Praktisch ununterbrochen laufen Kampagnen gegen angebliche IV- oder Sozialhilfe-Betrüger*innen. Die neuste Entwicklung scheint, dass ganz grundsätzlich Rentner*innen in den Fokus der Hetze geraten. Wer AHV bezieht, wird in der Logik der Rechten zur Belastung der jüngeren Generationen; zum Kostenfall, der die Stabilität bedroht.
Indirekte Angriffe auf unsere Löhne
Dabei geht eines vergessen: AHV, IV, Service Public und so weiter sind keine generösen Geschenke des Staates, sondern sie sind ein Teil unseres Lohnes. Und deshalb sind Leistungskürzungen und Angriffe auf das Recht, solche Leistungen zu beziehen, immer auch indirekte Angriffe auf unsere Löhne. Bei den Sozialversicherungen (AHV/IV/ALV/EO) ist dies noch ziemlich offensichtlich. Diese indirekten Lohnbestandteile werden auf der Lohnabrechnung schliesslich als solche ausgewiesen. Doch auch der Service Public basiert auf dem Reichtum, den die Lohnabhängigen in ihrer täglichen Arbeit erschaffen. Und wenn die Rechte und die Bürgerlichen den Service Public zusammenstreichen wollen, entspricht dies ebenfalls einem Angriff auf unseren sozialen Lohn.
Wir wollen nicht froh sein über das geringere Übel!
Anstatt diese Löhne zu verteidigen und einen Ausbau der sozialen Sicherungssysteme zu fordern, begnügen sich gerade die Gewerkschaftsapparate damit, die schwersten Angriffe abzuwehren. Dabei werden aber, wo es nur geht, Konzessionen gemacht. So kommt es dann schon mal vor, dass ein sogenannt „linker“ Sozialdemokrat und Chef des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Paul Rechsteiner, die Altersvorsorge2020 als „historisch“ bezeichnet. Eine Rentenreform, die den Umwandlungssatz der Pensionskassen senkt, das Rentenalter für Frauen um ein Jahr erhöht und im Gegenzug die AHV um unzureichende 70 Franken anhebt! [siehe unser Dossier zur Altersvorsorge2020]
Froh sein über das geringere Übel wollen wir aber nicht. Wir wollen wieder zeigen, dass uns mehr zusteht – an Geld, an Lebensqualität, an Freizeit, an Mitbestimmung – als man uns weiszumachen versucht.
Wir müssen gemeinsam nicht nur die Angriffe auf die Ausgestaltung unserer Lebensbedingungen abwehren, sondern selber wieder Forderungen aufstellen. Dass Geld fehlen würde, stimmt nämlich nicht. Man muss es nur dort holen, wo es ist. Doch genau das Gegenteil ist der aktuelle Trend. Steuererleichterungen und –privilegien für Unternehmen und Superreiche sind der Normalfall und die Steuerreformen der letzten Jahre führten dazu, dass die Steuereinnahmen um viele Milliarden kleiner sind, als sie sein könnten.
Holen wir uns zurück, was uns gehört!
Dieser Text wurde als Flugblatt am 1. Mai 2017 in Basel und Zürich verteilt.

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1 Kommentar

  1. Pingback:Zürich: Das war der 1. Mai 2017 ‹ BFS: Sozialismus neu denken – Kapitalismus überwinden!

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