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Am Rande vermerkt: Alkohol ist keine Rechtfertigung für übergriffiges Verhalten

Als rauskam, dass CVP-Nationalrat Yannick Buttet eine Ex-Geliebte massiv gestalkt und belästigt hat, kam es kurz darauf zu den erwartbaren Relativierungen und Erklärungsversuchen. Der Sonntagsblick zitierte eine Ratskollegin von Buttet mit den Worten: „Buttet ist kein Böser, aber er hat ein Problem, wenn er zu viel trinkt.“ Mehreren Nationalrätinnen war Buttet scheinbar schon ohne Einvernehmen körperlich nahe gekommen, er soll Frauen ohne Einwilligung an den Po gefasst und anzügliche Sprüche gemacht haben. Buttet selbst hatte in einer ersten Stellungnahme auf die Vorwürfe die Frechheit davon zu sprechen, er sei unter Alkoholeinfluss einfach „ein wenig derb“ geworden.
Dass Alkohol als Entschuldigung für übergriffiges Verhalten dient, ist nicht nur im Bundeshaus scheinbar eine verbreitete Rechtfertigungsstrategie. Ähnliche Erklärungsversuche kennt man aus den französischen Belästigungsdebatten, von aufsehenserregenden Fällen wie dem milden Urteil für einen amerikanischen Studenten, der eine Kommilitonin vergewaltigt hat – und viele von uns auch aus dem eigenen Umfeld.
Ohne hier auf die gesellschaftlichen Funktionen von Alkohol, den Problemen von Suchterkrankungen und die komplexen Zusammenhänge von gesellschaftlicher Sexualmoral und Enthemmung einzugehen, kann und muss scheinbar einmal mehr festgehalten werden: Buttet ist kein „lieber Typ“, bis er sich besäuft und wird dann plötzlich zu einem anderen, etwas „derben“ Menschen. Buttet hat Frauen belästigt, seine Ex-Geliebte bedroht und weitere Frauen körperlich bedrängt. Alkohol kann und darf keine einzige dieser übergriffigen Verhaltensweisen rechtfertigen. Weder im Bundeshaus, noch in unserem Umfeld.
von Matthias Kern
[Am Rande vermerkt] ist eine Serie von Kurzartikeln. Wir wollen damit tagesaktuelles Geschehen kommentieren, einordnen, auf Veränderungen aufmerksam machen. Eine konsequente linke, antikapitalistische Politik zeichnet sich unseres Erachtens nicht nur dadurch aus, die grossen Analysen abzuliefern. Vielmehr gehört es für uns dazu, auch kleinere, unscheinbare Entwicklungen, skandalöse Aussagen und Auffälliges einordnen zu können.
Die kurze Form, der eher flüchtige Charakter und die zeitliche Nähe, die allesamt diese Artikelserie ausmachen, führen dazu, dass die hier geäusserten Einschätzungen vorübergehend sein können und nicht zwangsläufig mit den Ansichten unserer Organisation übereinstimmen müssen. Die Autor*innen und die verwendeten Quellen sind deshalb jeweils gekennzeichnet. Textvorschläge sind jederzeit herzlich willkommen.

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