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Am Rande vermerkt: SVP Zürich – rechts sind anscheinend keine Grenzen gesetzt

Die Welt 2020 steht Kopf. Seit Monaten halten das Coronavirus und die damit zusammenhängenden Massnahmen die gesamte Welt im Griff. Das Virus bedroht die Existenzen von Millionen von Menschen und wird riesige soziale Fragen nach sich ziehen. Etwa die Refinanzierung der ausgezahlten Kredite an Unternehmen. Plötzlich trauen sich rechte Verschwörungsideolog*innen auch in der Schweiz aus ihrem Keller und demonstrieren zusammen mit Rechtsextremen gegen die vermeintliche Vernichtung unserer Demokratie.[1]

Gleichzeitig hat die kaltblütige Ermordung von George Floyd durch die Polizei von Minneapolis Ende des letzten Monats anhaltende Proteste und eine Grundsatzdiskussion über strukturellen Rassismus ausgelöst.[2]

Und obwohl das Thema in den letzten Monaten etwas in den Hintergrund rückte, stellt der Klimawandel und seine ökologischen Folgen nach wie vor eine der grössten Bedrohungen für die Menschheit dar.

Vor diesem Hintergrund müssen auch politische Organisationen und Parteien Stellung beziehen. Die SVP hat dabei einmal mehr bewiesen, dass sie neben rechter Meinungsmache keinerlei Antworten bereithält. So stellte sich die SVP zwar beispielsweise anfangs offiziell hinter die Corona-Massnahmen, während Roger Köppel die Massnahmen von Beginn an als demokratiefeindlich[3] darstellte und somit Corona-Skeptiker*innen, welche das Grundgesetz ausgehebelt sahen, in die Hände spielte. Daraufhin setzten sich bald immer mehr SVP Politiker*innen für baldige Lockerungen ein. So inszenierte beispielsweise Benjamin Fischer, seit Januar Präsident der SVP Kanton Zürich, den Lockdown in einem martialisch anmutenden Facebook-Video als Wirtschaftskiller und plädierte auf rasche Lockerungen, da die grosse Welle ausgeblieben sei.[4] Damit präsentierte sich die SVP einmal mehr als erzliberale Partei, welche die Wirtschaft über Menschenleben stellt.

Was die SVP vom momentanen Rassismus-Diskurs hält, beantwortete sie beispielsweise mit ihrer stupiden Dubler Schaumküsse Verteilaktion gleich selbst.[5] Andrea Geissbühler – Berner SVP Nationalrätin – setzte dem ganzen noch die Krone auf, als sie in der SRF-Arena vom 12. Juni 2020 selbstsicher betonte, dass es in ihrer Partei nicht nur keine Rassist*innen gäbe und diese Unterstellung eine Frechheit sei. Sodann stellte sie die SVP noch als einzige Schweizer Partei dar, welche sich aufrichtig gegen Rassismus einsetze.[6]  

Der Kampf für den Erhalt des rassistischen Namens der Dubler Schaumküsse führte die Zürcher SVP-Kantonsratsfraktion übrigens am darauffolgenden Montag im Parlament weiter. Benjamin Fischer verkündete freudig, dass die SVP allen Kantonsrät*innen einen Schaumkuss auf den Tisch gelegt habe, um gegen diese «absurde Rassismus Diskussion» vorzugehen. [7]

Der frischgewählte Strategiechef dieser Kantonsratsfraktion heisst Claudio Schmid und ist der lebende Gegenbeweis dafür, dass es in der SVP keine Rassist*innen geben soll. Mit seiner Wahl setzte die SVP Zürich ein klares Zeichen: politisch rechts sind scheinbar keine Grenzen gesetzt.

Claudio Schmid – KMU-Unternehmer aus Bülach – ist seit fast 20 Jahren Kantonsrat. In einem Interview mit der NZZ beschreibt er seine Vision für die SVP Kanton Zürich folgendermassen:

«Die Oppositionsrolle, die wir früher so klar übernahmen, konnten wir nicht mehr glaubhaft vertreten…Das war ein Fehler, den wir jetzt korrigieren. Unser neuer Präsident Benjamin Fischer hat hier bereits einige Pflöcke eingeschlagen. Ich werde als neuer Strategiechef im Kantonsrat schauen, dass wir an unseren Kernthemen dranbleiben, aber auch neue Themen erschliessen. Die Partei braucht Impulse.”[8]

Die «grüne Welle» bezeichnet er dabei als «Wohlstandsphänomen», welches nun wegen der Corona-Krise von den wichtigen Themen, wie zum Beispiel der Rettung von KMU und dem Kampf gegen die wachsende Arbeitslosigkeit ablenke. Ironischerweise setzt sich die SVP selbst seit Jahren für Steuersenkungen und Sozialabbau ein. So fordert Claudio Schmid im selben Interview «eine überfällige Steuersenkung». Wie dies bei der Rettung von KMU und vor allem im Kampf gegen die wachsende Arbeitslosigkeit helfen soll, bleibt ein Rätsel.

Auch die Polizei möchte er reformieren, da diese aufgrund der vermeintlich linken Führung unter Karin Rykart jeglichen Kompass verloren habe und zu zimperlich gegen linke Aktivist*innen vorgehe. Das dies in keiner Weise der Realität entspricht, hat beispielsweise die letzte 1. Mai-Demo gezeigt.[9] Eine Alternative sieht er dabei in einer kantonalen Einheitspolizei, welche härter gegen Demonstrierende vorgehen könnte.

Wie der Fokus auf Kernthemen des Weiteren aussehen könnte und was für einen Umgang er sich konkret mit Linken wünscht, zeigt ein Blick auf Claudio Schmids Facebookseite.

So bezeichnet er Rassismus in der Schweiz «als total abgefahrene Scheindebatte»[10]. «Die» Antifa sieht er, gleich wie sein Parteikollege Andreas Glarner[11], als Terrororganisation. Dabei fordert er die Zerstörung dieser «terroristischen Organisation, wie es Helmut Schmid vor 40 Jahren mit der RAF machte». Auf Twitter lässt er seine politischen Anhänger*innen sogar darüber abstimmen, ob jetzt der IS, Al-Qaida oder die Antifa schlimmer sei. Mal abgesehen davon, dass die Überzeugung, die Antifa sei eine straff durchgetaktete Organisation und nicht einfach eine Abkürzung für jegliche Form von antifaschistischem Widerstand, ein gänzliches Unverständnis von politischen Realitäten widerspiegelt, legt er durch das bewusste Auslassen von Rechtsextremen als terroristische Gefahr seine eigene Gesinnung offen.

In seiner struben Weltansicht vergiftet «China die Welt mit dem Coronavirus» und der Bundesrat ist ein «DDR-/Nordkorearegime», welches durch den «Lockdown» einen volkswirtschaftlichen Totalschaden wegen einer «Grippe» verursacht hat.

Abschliessend lässt sich sagen, dass die Wahl von Claudio Schmid zum Strategiechef einer politischen Bankrotterklärung der SVP Kanton Zürich gleichkommt. Schmid argumentiert losgelöst von jeglichen Fakten – in bester Manier eines rechten Verschwörungsschwurblers – über die seiner Meinung nach sozialistisch regierte Schweiz und die brandgefährliche Antifa. Die einzige Strategie, die sich darin erkennen lässt, ist ein immer stärkeres anschmiegen der SVP an ein rechtsextremes, faschistoides Gedankengut.

Diese Entwicklung muss uns als linke Organisation Sorgen bereiten und zeigt einmal mehr, dass die SVP und das damit zusammenhängende rassistische und menschenverachtende Gedankengut auf keinen Fall toleriert werden darf. Die SVP ist nicht die Partei des «kleinen Mannes» und erst recht keine «Oppositionspartei», sondern ein neoliberaler Scheissverein, der seine sozialdarwinistische Politik mit offenem Rassismus paart und deshalb bekämpft gehört.

von Nicola Bueb


[1] https://sozialismus.ch/artikel/2020/hygienedemos-die-gefaehrlichen-ideologien-hinter-der-vermeintlich-offenen-bewegung/

[2] https://sozialismus.ch/artikel/2020/usa-rebellion-gegen-rassistische-polizeigewalt/

[3] https://linth24.ch/articles/7139-koeppel-eine-andere-sicht-auf-corona

[4] https://www.facebook.com/fischer.beni/videos/10221497746088554/

[5] https://www.20min.ch/video/junge-svp-zuerich-will-den-mohrenkopf-erhalten-236168693614

[6] https://www.srf.ch/play/tv/sendung/arena?id=09784065-687b-4b60-bd23-9ed0d2d43cdc, 8:30

[7] https://www.youtube.com/watch?v=XZhqa-0s_v4&feature=youtu.be&fbclid=IwAR0Bde0tRcAy-VPLygrc4UK-sYSwgnR8ezmATU4IqXWVIg65AE0l_fZ2HKI

[8] https://www.nzz.ch/zuerich/svp-zuerich-hat-neuen-strategiechef-claudio-schmid-teilt-aus-ld.1557832

[9] https://www.ajourmag.ch/polizei-dreht-frei-am-1-mai/

[10] https://www.facebook.com/claschmid

[11] https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/antifa-terror-fabian-molina-sp-kontert-svp-glarner-65717292

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2 Kommentare

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