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Nicaragua: Für die Freilassung von Dora María Téllez

Wir veröffentlichen einen Aufruf zur Freilassung der nicaraguanischen Aktivistin und Ex-Guerillera Dora María Téllez, welche sich seit September im Hungerstreik befindet. Sie wurde im Juni 2021 vom Ortega-Regime verhaftet, welches somit widerrechtlich ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen im November 2021 verhinderte. Bei den Wahlen liess sich Ortega selbst, einst ein Mitstreiter von Téllez, mittels Wahlbetrug im Amt bestätigen. Nach ihrer führenden Rolle beim Befreiungskampf gegen die Somoza-Diktatur 1979, war Téllez unter anderem Gesundheitsministerin und kandidierte bereits 1986 für die Präsidentschaft. Auch damals wurde Ortega gewählt, im Gegensatz zu heute funktionierte die nicaraguanische Demokratie aber noch. Hintergrundinfos dazu, wie es dazu kommen konnte, dass Ortega seine eigenen, früheren Genoss:innen einkerkert, finden sich unter anderem in der Artikelserie ‘Der Tiefe Fall einer Revolution’.

von Collectif de Solidarité avec le Peuple du Nicaragua

Seit Juni 2021 ist Dora María Téllez, eine Symbolfigur der sandinistischen Revolution und politische Führerin der nicaraguanischen Opposition gegen die Ortega-Murillo-Diktatur, zusammen mit über 30 weiteren politischen Gefangenen unter unmenschlichen Bedingungen im berüchtigten Gefängnis El Chipote eingesperrt und wird dort gefoltert. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Gefangenen auf über 200, die in verschiedenen Gefängnissen untergebracht sind.

Dora María Téllez ist eine politische Aktivistin, Intellektuelle und hat einen Master in nicaraguanischer Geschichte. Sie wurde auf nationaler und internationaler Ebene für ihre Veröffentlichungen und ihre staatsbürgerlichen politischen Aktivitäten zur Förderung der Demokratie anerkannt. Die Universität Sorbonne Nouvelle in Paris wird ihr am 28. November 2022 die Ehrendoktorwürde verleihen, um ihren „außergewöhnlichen politischen und wissenschaftlichen Werdegang und ihre Beiträge zum internationalen sozialen Fortschritt“ zu würdigen, wie es in dem Schreiben heißt, das die Universität ihrer Familie im Mai 2022 überreicht hat.

Aus diesem Anlass fordern wir, Akademikerinnen und Akademiker, politische und gewerkschaftliche Funktionärinnen und Funktionäre, Aktivistinnen und Aktivisten sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger, ihre Freilassung und dass sie nach Paris reisen kann, um ihre Doktorurkunde persönlich entgegenzunehmen, ebenso wie wir die Freilassung aller anderen politischen Gefangenen in Nicaragua fordern.

Téllez als Mitanführerin im siegreichen Guerillakampf gegen Somoza

Dora María Téllez ist seit über vierzig Jahren eine der wichtigsten Persönlichkeiten im Kampf für Demokratie und soziale Gerechtigkeit in Nicaragua. Im Alter von 20 Jahren schloss sie sich der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (FSLN) im Guerillakampf gegen die Somoza-Diktatur an und war Mitanführerin der siegreichen Operation zum Sturm auf den nicaraguanischen Nationalpalast, die zur Freilassung der damals 60 politischen Gefangenen führte. Im Alter von 23 Jahren leitete sie die Offensive zur Eroberung von León, der ersten befreiten Stadt des Landes. Nach dem Sturz der Somoza-Diktatur war sie Vizepräsidentin des Staatsrats (Legislative), Abgeordnete und Gesundheitsministerin, die wegen der Transparenz und Effizienz ihrer Verwaltung bekannt war. Aufgrund der autoritären Ausrichtung der FSLN verließ sie diese 1995. Nach dem Ende ihres Mandats als Abgeordnete gründete sie zusammen mit Sergio Ramírez Mercado, dem ehemaligen Vizepräsidenten Nicaraguas und Schriftsteller, der sich derzeit im Exil befindet, die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS), heute UNAMOS.

Dora María Téllez während dem Befreiungskampf um die Stadt Léon im Juni 1979.

Dora María Téllez ist für ihre Opposition gegen die Ortega-Murillo-Diktatur weithin bekannt. Sie prangerte den autoritären und antidemokratischen Charakter der Regierung und ihren Einsatz von Re- pressionen an. Seit dem Ausbruch des Bürgerprotests im April 2018 hat die Regierung Gewalt angewendet, um die Protestbewegung niederzuschlagen. Allein im Jahr 2018 wurden schätzungsweise 355 Menschen von den Sicherheitskräften und verbündeten Paramilitärs getötet. Und fast 130.000 Men- schen mussten sich auf den Weg ins Exil machen. Diese Menschenrechtsverletzungen wurden von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, FIDH, der OAS-Menschenrechtskommis- sion CIDH, OACNUDH und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen dokumentiert.

Téllez ist seit Juni 2021 in Dunkelhaft

Am 13. Juni 2021, als sich die Oppositionskräfte auf die Teilnahme an den Wahlen am 7. November 2021 vorbereiteten, wurde Dora Maria Téllez in ihrem Haus gewaltsam festgenommen.

Im Februar 2022 wurde sie in Anwendung von Ad-hoc-Gesetzen, die von der Diktatur entworfen worden waren, unter dem angeblichen Verbrechen der „Verletzung der nationalen Integrität und Verschwörung“ angeklagt und vor Gericht gestellt. Auf der Grundlage dieses Gesetzes wurden über 90 politische Gefangene ohne ordentliches Verfahren verurteilt, darunter Bauern und Bäuerinnen, Studen- ten und Studentinnen, politische, religiöse und soziale Führungspersonen, Geschäftsleute, Aktivistinnen und Aktivisten, Journalisten und Journalistinnen und viele andere.

Die Bedingungen, unter denen die 66-jährige Dora María Téllez inhaftiert ist, verletzen nicht nur ihre Rechte, sondern gefährden auch ihr Leben. Während der ersten 470 Tage ihrer Isolationshaft wurde Dora María Téllez alle 45 Tage von ihrer Familie besucht, und ihre Eltern konnten ihren dramatischen Gewichtsverlust beobachten. Sie wird Tag und Nacht ständig im Dunkeln gehalten, erhält keine medizinische Versorgung und wird nur unzureichend ernährt. Mitte September trat sie in einen Hungerstreik, eine extreme Geste des Protests, um ein Ende der Isolationshaft für sie und ihre Mitgefangenen zu fordern. Dora María Téllez fordert ihr Recht und das Recht aller Gefangenen auf Zugang zu Büchern und verlangt, dass sie eine Vollmacht unterschreiben darf, damit ihre Familie ihre Rente beziehen kann.

Diese Haftbedingungen gelten auch für die über 200 anderen politischen Gefangenen in den verschiedenen Gefängnissen. Aus diesen Gründen und aufgrund der Gefahr für das Leben von Dora María Tellez fordern wir, dass die von den Vereinten Nationen festgelegten Mindeststandards für die Behandlung politischer Gefangener, die sogenannten „Mandela-Regeln“, sofort auf sie und alle politischen Gefangenen angewendet werden. Wir fordern, dass Menschenrechtsorganisationen, das Interna- tionale Rote Kreuz und die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewählte unabhängige Expertenkommission der Vereinten Nationen Zugang zum Gefängnis El Chipote und allen anderen Gefängnissen und Polizeistationen des Landes erhalten.

Wir fordern die sofortige Freilassung von Dora María Téllez und allen anderen politischen Gefange- nen in Nicaragua durch die Annullierung ihrer falschen und gesetzeswidrigen Prozesse.

Dieser Aufruf wurde Auf Initiative des Collectif de Solidarité avec le Peuple du Nicaragua (CSPN, Frankreich) und mit der Unterstützung von CCFD-Terre solidaire, Comité Nicaragua Occitanie (CNO), France Amérique Latine (FAL), Fédération internationale des droits de l’Homme (FIDH), SOS Nicaragua France sowie der Union syndicale Solidaires veröffentlicht. Der Aufruf kann hier unterzeichnet werden.

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1 Kommentar

  1. Pingback:Petition für Dora María Tellez Informationsbüro Nicaragua e.V.

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