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Reform der Champions League: Wer gewinnt?

Die neue Champions League Reform

Die UEFA plant eine umfassende Reform der Champions League. Der grösste europäische Klubwettbewerb nähert sich damit dem Modell einer Super League an, also einem europäischen Top-Liga-System. Sollen wir eine Super-Champions-League boykottieren, in der nur noch die UEFA Geld macht, nicht einmal mehr die TV- Anbieter?

von Charles-Mathieu Sérou (BFS Zürich)

Die UEFA reformiert die Champions League ab der Saison 2024/25 mit einem neuen Spielmodus. Die ersten Thesen und Probleme dieses neuen Modus können wir bereits jetzt beschreiben, um uns über Strategien wie Boykott auszutauschen.

Adieu Gruppenphase

Die erste bedeutende Änderung betrifft die Teilnehmerzahl im neuen Modus, die von 32 auf 36 Plätze ansteigt. Die zusätzlichen vier Plätze gehen an den Tabellendritten der fünftbesten europäischen Liga gemäss der UEFA-Fünfjahreswertung, einen Meister einer kleineren Liga sowie die beiden besten Mannschaften der letzten Saison im Europapokal, die sich nicht über die Liga qualifiziert haben.

Ausserdem entfallen die herkömmlichen Gruppenphasen in der Vorrunde. Stattdessen wird ein Ligasystem eingeführt, in dem es neu acht statt sechs Spielrunden geben wird, bestehend aus je vier Heim- und Auswärtsspielen. Die Gegner werden durch verschiedene Lostöpfe bestimmt, wodurch acht Teams direkt für die KO-Phase qualifiziert werden, während Teams auf den Plätzen 9 bis 24 eine Playoff-Runde spielen müssen. Die übrigen Teams scheiden aus. In der KO-Phase wird ein fester Turnierbaum eingeführt.

Die zwei zusätzlichen Spieltage verlängern die Vorrunde bis Januar. Zusätzlich gibt es eine exklusive Woche für jeden der drei europäischen Club-Wettbewerbe, in der ausschliesslich diese Wettbewerbe stattfinden. Statt bisher sechs Wochen europäischen Fussballs sollen es nun zehn Wochen werden.

Auf Kosten der Spieler: mehr Spiele, mehr Geld

Im neuen Modus steigt die Anzahl der Spiele von 125 auf 189. Dies mag auf den ersten Blick nach mehr Fussball und mehr Spass klingen, hat jedoch auch Schattenseiten. «Die Erhöhung der Spiele verdichtet den ohnehin schon engen Spielplan weiter und die physische Belastung der Spieler nimmt weiter zu. Kleine Vereine wie Union Berlin könnten es noch schwerer haben, mitzuhalten, da sie nicht über eine so tiefe Kaderbreite wie beispielsweise den FC Bayern München verfügen und oft ihre besten Elf in der Liga und im Europapokal aufstellen müssen», so Lara Schauland in der Podcast-Folge «Klassenkenntnis Sport zur CL-Reform».

Die kapitalistische Ausbeutung macht also auch im Fussball keinen Halt. Die Gewinnsteigerung erfolgt auf Kosten der Gesundheit der Spieler. Diese Entwicklung geht auch an den Profis nicht vorbei: Trainer wie Jürgen Klopp von Liverpool und der Fussballprofi Raphael Varane von Manchester United haben sich bereits öffentlich beschwert.

Konkurrenzkampf wegen TV-Rechte

Die UEFA erwartet durch die vermehrten Spiele mehr Geld für mehr TV-Rechte. Dass TV-Unternehmen Schwierigkeiten haben, keine Verluste mit den erworbenen Rechten zu verzeichnen, zeigt das Beispiel von DAZN. Am Anfang kostete das Abo in Deutschland nur 10 Euro, mittlerweile sind es 45 Euro. Diese Anpassung musste der Streamingdienst vornehmen, um aus den roten Zahlen zu kommen. Die Rechnung geht jedoch weiterhin nicht auf, da DAZN trotz der Preiserhöhung immer noch Verluste verzeichnet.

Durch die stetige Erhöhung der TV-Paketpreise gewinnen die TV-Rechte an immer grösserer Bedeutung. Die erhöhten Einnahmen wirken sich besonders stark auf die Liga aus, wie es beispielsweise in der Premier League der Fall ist. Hier können hohe Transfersummen angeboten werden, unter anderem aufgrund der enormen Summen, für die die Liga ihre TV-Rechte verkauft hat. Dies hat Auswirkungen auf andere Ligaverbände, die gezwungen sind, einen möglichst lukrativen TV-Vertrag anzubieten, um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben.

Die jüngste Verschärfung dieses Problems zeigte sich in Frankreich. Der langjährige TV-Partner der Ligue 1 entschied sich, die TV-Rechte für die nächste Phase nicht mehr zu erwerben, da dies zu teuer wäre. Obwohl der französische Fussballverband die TV-Rechte öffentlich ausschrieb, meldete sich niemand. Derzeit sieht es so aus, als würde nächstes Jahr in Frankreich niemand die Ligue 1 übertragen. Das Hauptpaket kostet auch 530 Millionen Euro – da wird es verständlich, dass man es sich zweimal überlegt, für eine Liga so viel Geld zu zahlen.

Diese Entwicklung wird durch die neue Reform der Champions League nur noch verstärkt. Je teurer die TV-Rechte für die Champions League werden, desto weniger Budget bleibt für andere Ligen übrig. Die Schere zwischen arm und reich im Fussball wird sich weiter öffnen. Sollte es der Ligue 1 nicht gelingen, ihre TV-Rechte zu verkaufen, steht sie vor einem finanziellen Fiasko. Die Vereine würden keine TV-Gelder erhalten, könnten weniger hochkarätige Spieler verpflichten, und das sportliche Niveau in der Liga würde an Bedeutung verlieren. Zudem würden grosse Clubs wie Paris Saint-Germain (PSG) weiterhin Druck auf den Verband ausüben und die Diskussion über eine Super League weiter vorantreiben. Das Interesse von PSG selbst, in der Liga zu spielen, würde weiter abnehmen, und der Fokus würde sich stärker auf die Champions League verlagern.

Sollen wir die Champions League jetzt boykottieren?

Der neue Modus bringt nicht zwangsläufig neue Probleme mit sich. Ein neuer Modus ist an sich nicht unbedingt schlechter, sondern einfach anders. Die Präferenz für eine Gruppenphase oder ein Ligasystem ist letztlich Geschmackssache. Man kann argumentieren, dass gewisse Probleme durch den neuen Modus verstärkt werden, aber diese Verstärkung basiert auf einer bekannten Fortführung des kapitalistischen Fussballsystems und würde sich auch ohne Reform auf andere Weise verstärken.

Sind Boykotte im Fussball sinnvoll? «Es braucht zunächst einmal Verständnis darüber, was man kritisiert, nicht noch mehr blinden Widerstand. Aus der Boykott-Initiative gegen Katar hat man bemerkt, dass sie ziemlich wenig genützt hat», meint Raphael Molter im Podcast Klassenkenntnis in der Folge über Fussball-Boykott. Die aktiven Fanszenen müssen erkennen, dass ein individueller Boykott die Umstände im Fussball allein nicht verändern wird. Es bedarf einer gezielten Analyse, um die Kräfteverhältnisse zugunsten der Fans zu verschieben und damit den Druck auf die UEFA zu erhöhen. Dies lässt sich nur durch einen einfachen Boykott-Aufruf nicht erreichen.

Es wird wichtig sein, die Auswirkungen der Champions League Reform genau zu beobachten und zu analysieren. Diese Auswirkungen sollten angesprochen werden, und Fans sollten sich in ihren Kurven oder Fangruppen organisieren, um gemeinsam gegen die kapitalistische Organisierung des Fussball vorzugehen.

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