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Corona-Krise

Corona-Krise

Das Virus und seine Gefährlichkeit

Wir erleben gerade eine historische Zeitenwende unbekannten Ausmaßes. Noch nie seit 1945 erlebten weite Teile der europäischen Bevölkerungen einen derartigen Kontrollverlust und zugleich einschneidende Maßnahmen. Wir erleben den moralischen und politischen Totalbankrott des Neoliberalismus und der EU.

Die Corona-Pandemie entwickelt sich mit rasantem Tempo zu einer allgemeinen Krise des Kapitalismus. Wir erleben eine zeitliche und räumliche Verdichtung von Krisen – Gesundheitskrise, Wirtschaftskrise, Care-Krise, ökologische Krise. Die Corona-Krise wird ein historisches Ausmass globaler Reichweite annehmen und eine historische Wende bedeuten.

Die Krise in der Schweiz

Der Schweizer Bundesrat hat am 16. März 2020 trotz den riesigen Gefahren des Corona-Virus entschieden, weiterhin keine flächendeckenden Einschränkungen der nicht notwendigen wirtschaftlichen Tätigkeiten vorzunehmen. Zwar werden Läden, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe geschlossen. Für alle anderen Branchen wurde einzig ein Aufruf erlassen, die Unternehmen sollen wo möglich Heimarbeit anbieten. Diese Haltung ist verantwortungslos.

Es liegt offensichtlich an uns Lohnabhängigen, Verantwortung für uns selbst und die Gesellschaft zu übernehmen. Bereits existieren vereinzelt Beispiele, wo die Lohnabhängigen die Einstellung von Betrieben durchsetzen konnten. Diese Beispiele sollten Schule machen. Wir haben deshalb einen Musterbrief verfasst, den man so oder in abgänderter Form an seine Vorgesetzten schicken kann.

Bereits wurde bekannt, dass die Regionalen Arbeitsvermittlungszentralen (RAV) zur Zeit von Neuanmeldungen überrannt werden. Viele geschlossene Betriebe schicken ihre Arbeiter*innen in die Arbeitslosigkeit. Es zeigt sich also bereits jetzt, dass die Kosten der Corona-Krise auf die Lohnabhängigen abgewälzt werden. Vor allem Lohnabhängige im Stundenlohn sind von den aktuellen, sehr kurzfristigen Entlassungen betroffen.

In einigen Branchen werden die Empfehlungen des BAG bereits relativ grossflächig umgesetzt und die Angestellten arbeiten von zu Hause aus. Die Mehrheit der Lohnabhängigen muss aber trotzdem weiter zur Arbeit – entweder weil die Unternehmen sie dazu zwingen, oder aus einer finanziellen Notlage heraus.

Die Folgen im Gesundheitswesen

Die grosse Gefährlichkeit der Corona-Pandemie besteht darin, dass die Kapazität der stationären Versorgungssysteme überschritten wird. Dies führt nicht nur zu katastrophalen Zuständen in den Spitälern, sondern unweigerlich auch zu einer stärkeren Belastung der Ärmsten und Schwächsten, insbesondere der älteren Menschen und zu einer Verlagerung der Pflege in die Haushalte, mithin also zu Lasten der Frauen.

Die Kapazitätsgrenze der Gesundheitsversorgung hängt natürlich von den einzelnen Ländern, den jeweiligen Gesundheitssystemen und der dort praktizierten Spar- und Prekarisierungspolitik ab und sie wird umso schneller erreicht, je mehr die Regierungen der Ausbreitung des Virus hinterherlaufen, anstatt sie zu verhindern. Die gegenwärtige Virusepidemie zeigt einmal mehr, dass die Austeritätspolitik beendet, die Reichtümer umverteilt, der Gesundheitssektor wieder finanziell besser ausgestattet und in staatliche Hände übernommen und Patente im Gesundheitswesen abgeschafft werden müssen.

Von der Corona-Krise zur Wirtschaftskrise

Auch wenn der Wirtschaftsabschwung bereits vor dem Auftreten von Covid-19 begonnen hatte, so lassen sich die ökonomischen Auswirkungen der Pandemie (Produktionsausfälle, Unterbrechung der Lieferketten, massive Ausfälle im Luftverkehr und Tourismus etc.) genauso wenig leugnen wie die ernsthafte Gefahr, die von dem Virus ausgeht. Mit ihrem überfallartigen Auftreten und dem exponentiellen Wachstum wirkt die Epidemie als besonderer Verstärker der bereits vorhandenen wirtschaftlichen und sozialen Krise. Zugleich zeigt sie, wie anfällig das kapitalistische System ist und welche Gefahren es für die einfache Bevölkerung mit sich bringt.

Selbsthilfe, Solidarität und Widerstand

Selbstorganisation und Nachbarschaftshilfe gegen Corona!

Jetzt sind Solidarität und Selbstorganisation gefragt. Organisiere dich im Freundeskreis, um anderen Menschen zu helfen oder die Kinderbetreuung zu organisieren. Finde Hilfe, wenn du oder eine andere Person, die du kennst, Unterstützung benötigen. Hier findest du Kontakte und Tipps für die Selbstorganisation. hilf-jetzt.ch bietet eine Plattform, auf der sich Helfende und Hilfesuchende finden können. Unter coronasoli.ch gibt es Informationen zu aktuellen Kämpfen rund um das Corona-Virus, sowie Informationen und Leitfäden in verschiedenen Sprachen.

Die politische Linke sollte solche Organisationsansätze unbedingt unterstützen. Weiter dürfen wir uns keineswegs darauf beschränken, die „exogene“ Gesundheitskrise als bloßen Teilaspekt der systemimmanenten kapitalistischen Wirtschaftskrise zu behandeln. Wir müssen vielmehr die Gesundheitskrise an sich bewerten und Vorschläge entwickeln, um sie auf soziale, demokratische, antirassistische, feministische und internationalistische Weise zu bekämpfen. Entgegen individualistischer Sichtweisen müssen wir uns auch selbst kollektiv verantwortlich im Sinne einer Kontaminationsprophylaxe verhalten und dies auch in den sozialen Bewegungen so propagieren.

Entweder nehmen die sozialen Bewegungen diese Frage selbst in die Hand ‒ demokratisch und ausgehend von der konkreten sozialen Realität der beherrschten Klasse ‒ oder die herrschende Klasse wird ihre autoritären Lösungsvarianten durchsetzen. Covid-19 ist eine weitere Warnung: Der Kapitalismus, der die Menschheit in die Barbarei treibt, muss gestürzt werden.

Corona und die Agrarindustrie

Die nach Kapitalinteressen ausgerichtete Agrarindustrie ist ein effizientes System zur Herausbildung tödlicher Krankheiten. Es ist keine neue aber eine viel zu selten erforschte Erkenntnis, dass der Ausbruch von Krankheitserregern eng mit Massentierhaltung und Monokulturen sowie der ungehinderten Nutzung von Pestiziden zusammenhängt. Der Planet Erde ist heute weitgehend eine einzige große industrielle Agrarfabrik, sowohl in Bezug auf die Biomasse, als auch die Landnutzung.

Die Agrarindustrie versucht, den Lebensmittelmarkt zu beherrschen. Das neoliberale Projekt ist darauf ausgerichtet, Unternehmen aus den entwickelteren Industrieländern dabei zu unterstützen, Land und Ressourcen schwächerer Länder zu stehlen. Als Folge dessen werden viele dieser neuen Krankheitserreger, die zuvor in den über lange Zeiträume entstandenen Waldökosystemen gebunden waren, freigesetzt und bedrohen die ganze Welt. Es gibt in der heutigen Welt also keine „kapitalfreien“ Erreger.

Corona trifft nicht alle gleich

Es ist bekannt, dass sozialer Status und Gesundheit zusammenhängen. Wer in beengten Verhältnissen lebt, kein Zugang zu sanitären Anlagen hat, wer darauf Angewiesen ist, mit dem öV zur Arbeit zu fahren, wer keine Krankenversicherung hat oder keine Aufenthaltsbewilligung, ist einer Ansteckung viel eher ausgesetzt. Wer in Camps zusammengepfercht ohne Wasser ausharren muss, oder für wer das Zuhause kein sicherer Ort ist, kann sich weder an social distancing noch an Eigenisolations-Massnahmen halten.

So unvorhersehbar das Corona-Virus war, so vorhersehbar war, dass der Umgang mit der „Corona-Krise“ ein geschlechtsspezifischer ist, welcher die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern wiederum verstärkt und den Frauen*/FTIQ die Last der übermässig angewachsenen Reproduktionsarbeiten, sowohl (unter-)bezahlt als auch unbezahlt, aufbürdet.

Corona im globalen Süden

Sobald sich die Pandemie von den instustriellen Zentren in die Länder des Globalen Südens ausgebreitet hat, wird die Situation noch dramatischer werden. Gerade auf dem afrikanischen und dem lateinamerikanischen Kontinent haben die neoliberalen Strukturanpassungsprogramme vom Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Weltbank die öffentliche Gesundheitsversorgung in den letzten 40 Jahren dermassen zerstört, dass diese den riesigen Herausforderungen kaum gewappnet ist. Die Frage der internationalen Solidarität stellt sich heute dringender denn je.